Montag, 9. August 2010

Viva la revolución

Buenas noches chicos,

ich hoffe das Befinden in der Heimat ist allseits wunderbar! Wir sind seit gestern abend in Granada, der aeltesten ehemaligen Kolonialstadt Nicaraguas, und haben soeben ein knappes Kilo Steak verdrueckt :-)
Man merkt deutlich den Unterschied zum Hochland, der sich zum Einen durch weniger exzellenten Kaffee und zum Anderen durch finnische-Sauna-gerechte Temperaturen und Luftfeuchtigkeit manifestiert (Basti ist ganz stolz auf das letzte Wort :-)). Daher hat Basti heute auch auf eine Taxifahrt, die immerhin stolze 30 Cent gekostet haette, auf dem Heimweg vom Supermarkt verzichtet und einen Spaziergang durch den abendlichen Regen vorgezogen. Auch ohne erfrischenden Regen freut man sich hier erstaunlicherweise ueber jede Wolke, die ein bisschen Sonne wegnimmt - ja, man kann auch zuviel Sonne haben ;-)

Die Stadt ist, kolonialstadttypisch, gepraegt von bunt gestrichenen Haeuser und gepflasterten Strassen, im Schachbrettmuster angelegt, und um einen baumreichen parque central herum gewachsen. Wir haben heute das Convento de San Francisco besichtigt, was frueher zu Verteidigungszwecken gegen die Piraten (ja, wir sind zwar im Landesinneren, aber der Lago Nicaragua, an dessen Ufern Granada liegt, hat eine schiffbare Verbindung zur Karibik) diente. Heute beherbergt es ein Museum, das meines Erachtens nach zwar nicht so "must see" ist wie im Reisefuehrer angepriesen, aber eine ansehnliche Sammlung von Steinfiguren beherbergt, die von einer der nahe gelegenen Inseln im See stammen. Die Figuren stellen meist Menschen oder Tiere mit Tier- bzw. unidentifizierbaren Koepfen oder Kopfbedeckungen dar und wurden im 19. Jahrhundert entdeckt, sind allerdings schon ueber 1000 Jahre alt.

Zudem erhole ich mich gerade von einer auesserst unangenehmen Nierenbeckenentzuendung, die Antibiotika und gutem Rat aus der Heimat (nochmal vielen Dank an dieser Stelle!) sei Dank schon wieder auf dem Rueckzug ist. Immerhin hat sie uns das Vergnuegen beschert, ein nicaraguanisches Krankenhaus von innen kennenzulernen - kann auch nicht jeder von sich behaupten ;-)
Die Notaufnahme wurde von einem schrotflintenbewehrten Typen bewacht, der erschreckenderweise darueber zu entscheiden scheint, wer hinein darf und wer nicht. Bei der Anmeldung wurde sich dann landestypisch vorgedraengelt (Basti perfektioniert seine Strategie allmaehlich auf landestypisches Niveau - so kamen wir immerhin schnell ins Krankenhaus hinein), Koerperkontakt scheint hier mehr Regel als Ausnahme zu sein, und ich war DIE Attraktion fuer alle Anwesenden. Wann sieht man schon mal eine Europaerin? Mich hat erstaunt, wie offensichtlich Einen die Leute anstarren, voellig hemmungslos, und es schaut auch niemand weg, wenn man zurueckstarrt... Zum Labor fuer die Analysen gelangte man nur durch die Bettennischen der Notaufnahme, wo etliche Leute lagen, und die Kinder- und Saeuglingsnotaufnahme, wo noch mehr kleine Patienten in sichtlich schlechter Verfassung in Gitterbettchen lagen. Mir war an sich schon ziemlich alles egal, was zu Zwecken des Blutabnehmens ein eindeutiger Vorteil fuer die Krankenschwester war, vor der ich aber meinen Hut ziehe - ich hab noch nicht mal den Pieks gespuert, und ausser einem winzigen Puenktchen ist keine Spur geblieben :-)
Die zweistuendige Wartezeit gestattete uns dann eine genauere Inspektion des Krankenhauses - und aus hygienischer Sicht wuerde ich als Laie fast sagen "alptraumhaft"... Schmutzige Boeden, kaputte Moebel mitten im Eingangsbereich, kaputte Toiletten, Muell im Innenhof, etc. Die wirklich wichtigen Dinge wie Spritzen bzw. die Kanuele zum Blutabnehmen entsprachen jedoch den ueblichen (europaeischen) Hygienestandards, und die Aerzte und Schwester waren alle sehr hilfsbereit und super freundlich - und als ich dann meine Diagnose hatte (weder Malaria noch Dengue noch sonst eine fiese Tropenkrankheit), waren wir beide mehr als nur erleichtert, holten eine Ladung Medikamente und wurden ein weiteres Mal ueberrascht - wir mussten naemlich keinen mueden Cordoba bezahlen!
An dieser Stelle gilt mein Dank den sozialistischen Sandinistas, die eine umfassende Gesundheitspolitik eingefuehrt haben (viva la revolución!), sowie der EU, die jedem einzelnen Tuerschild zu Folge wohl ein groesserer Sponsor des Krankenhauses ist... Muchas gracias fuer endlich einmal sinnvoll angelegte EU-Gelder!

Beste Gruesse
Franzi & Basti

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